Weltrettung by horse

Was alles passiert, wenn man unverhofft zu einem Pferd kommt...

22 Mai 2005

Mit den Riesen in die Eifel

Der Mai ging bei Regen und Sonnenschein mit mehr oder weniger langen Ausritten ins Land, und für das Wochenende 21./22. Mai hatte der RSV Heimerzheim einen Zweitagesritt angekündigt. Klar, daß ich da- jetzt mit eigenem Pferd - mitwollte. Auch wenn es Hängerfahren bedeutete, denn Werner hatte auf seinenm Transporter keinen Platz mehr.

Gegen 8 war ich dann an der Weide, und Marie ist auch netterweise gekommen, und nach einer mittleren Putzorgie haben wir dann die Kleine verladen, was beim Anblick des Futtereimers gar nicht so schwierig war. Allerdings wurde hier der Grundstein zu weiteren Problemen gelegt, dabei hatte ich es doch nur gut gemeint. Kraftfutter vor der Arbeit gibt es bei uns ja nicht, deshalb gehört zu unseren Nahrungsbeständen auch immer ein Weidebeifutter für Fütterung ohne Arbeit. Und da habe ich letztens Alpen-Wiesencobs besorgt, schaun aus wie Lekkerli, und ich dachte, das freut sie. Tat es aber nicht - scheint ihr nicht zu schmecken, ein paar hat sie gefressen und sie dann hartnäckig verweigert. Aber sie war ja im Hänger, also alles paletti. Wir sind dann nach Heimerzheim gefahren und mußten dort, erwartungsgemäß, erst Mal stundenlang warten, bis der Werner und die Anderen in die Gänge kamen. Ja, und dann zog der Konvoi los - und beim Dreieck Sinzig standen wir dann im Stau, mindestens eine halbe Stunde lang - die arme Kleine tat mir so leid!

Irgendwann kamen wird dann doch auf der Ranch in Lederbach an, da kam der nächste Schlag für die Kleine - es gab nur noch eine kleine, finstere Box, ohne Wasser. Ganz vorwurfsvoll hat sie mich angeschaut! Ich habe ihr die restlichen Cobs angeboten, aber sie hat getrotzt. Ich mußte sie dennoch alleine lassen, zwecks Einquartierung und Auto ausladen und so, aber dann begannen doch die Vorbereitungen für den Ausritt und sie konnte somit aus der Box wieder raus, und dann ging's los.

Da wächst so ein süßes Pferd in der Lüneburger Heide auf und trottet dann friedlich durch den Kottenforst, und was passiert ihm dann? Dann wird es irgendwohin gekarrt und steht plötzlich VOR BERGEN!!! War schon etwas befremdlich! Die Wege dort sind sehr steinig, es gab kaum eine Gelegenheit zu traben, und die erste Wiese, die zu schnellerer Gangart einlud, war dann einer der angekündigten Steilhänge. Für Werners Schulpferde war es der erste (!) Ausritt in dem Jahr, entsprechend heftig zogen sie den Hang an und rasten wie die wilde Jagd rauf. Und die Kleine? Guckt sich das an, meint "Bin ich bekloppt? Da rauf RENNEN? Das packen wir auch im Schrab oder Schölt" und zockelt in aller Gemütsruhe den Hang rauf. Was sie den Rest des Tages ziemlich konsequent beibehielt (und trotzdem nicht wesentlich langsamer als die Großen war, bis die oben verschnauft hatten, waren wir auch da - aber ich muß zugeben, sie stieß auch an ihre Grenzen, ins Schnaufen kam sie auch). Dafür ging es uns aber auch nicht wie z.B. Mandy mit Dino, bei einer solchen Gelegenheit kippte ihr ihre Kappe über die Augen, sie sah nichts mehr, und Dino nutzte die Gelegenheit, sich in die nahegelegenen Büsche zu schlagen und wir mußten dann oben warten, bis Mandy aus dem Wald wieder rausgefunden hatte. Abgesehen von den Hängen schlug sich meine Maus tapfer und war von der Spitzengruppe (Werner und das einzige andere Privatpferd, das dabei war) nicht zu vertreiben, und daß sie die zwei nicht auch noch überholte hat mich einige Arbeit gekostet. Ach ja, und eine spannende Begebenheit war auch noch ziemlich am Anfang, als ein Baum quer über den Weg lag, den wir nur umgehen konnten, indem wir erst steil in den Wald aufstiegen und hinter dem Baum genauso steil wieder runter. Hat sie ja sehr fein gemacht, nur beim Runtersteigen kam plötzlich der Lui von quer angeschossen, genau in die Bahn, die sie sich ausgeguckt hat, und da kam sie dann ins Straucheln und ich sah mich schon Bodenkontakt haben, aber irgendwie hat sie sich doch derappelt und wir sind nochmal glimpflich davongekommen.

Tja, und dann kamen wir auch irgendwann wieder zurück, es gab endlich Kraftfutter - und dann wartete wieder diese schäbige Box und ich bekam wieder vorwurfsvolle bis verzweifelte Blicke. Konnte ich jemals diesen Augen widerstehen? Ich also losgezogen und die Chefin der Ranch gesucht und gefragt, ob es keinen Paddock oder ein kleineres Stück Weide gebe, wo die Kleine übernachten könnte. Ja, gibt es schon, gleich gegenüber, ich muß nur aufpassen mit dem Tor, das schließt etwas schlecht, notfalls müsse ich es mit irgendwas zubinden, und das Gras sei halt auch nicht gemäht, aber auf der anderen Straßenseite stünden noch mehr Pferde, da hätte sie (dsP) wenigstens Blickkontakt zu Artgenossen. Ja, und dieses Arrangement fand die Süße dann auch wesentlich angebrachter, und angesichts des kniehohen Grases gab es auch kein großes Betteln um Lekkerli mehr, sie zog gleich los um sich der Rasenpflege hinzugeben und zeigte sich sogar ziemlich unwillig, als ich sie nochmal ans Halfter nahm, um ihr die Tränke zu zeigen.

Wir widmeten uns dann der Abendunterhaltung - erst Grillen und dann Lagerfeuer -, wozu auch noch Nichtreiter (Familienmitglieder und so) stießen, was mich natürlich nicht daran hinderte, von Zeit zu Zeit mal nach meinem Pferd zu sehen - wann ist man ihm schon mal so nahe, daß man das nach Lust und Laune tun kann?

Ich schaute also einmal - das Pferd fraß. Dann wollte Sonja sie sehen - sie fraß. Ich schaute wiederum - sie lag wie eine wiederkäuende Kuh (nur VIEL süßer) im Gras. Ich schaute aufs Neue - sie fraß. Ich schaute nochmals - sie lag platt auf der Seite und schlief tief und fest. Ich schaute erneut - sie fraß. Und dann mußte ich natürlich auch im Dunkeln nochmal hin, mit der Taschenlampe, das war etwas schwierig, aber schließlich blitzten mich von weit hinten zwei gelbe Leuchtaugen an und ich konnte beruhigt ins Bett. Und ist es nicht herrlich, morgens aufzuwachen, erst Mal übern Hof aufs Clo zu gehen und dann direkt nach seinem Pferd schauen zu können? Herrlich schon, aber auch etwas betrübend, wenn man sehen muß, daß das Pferd nun endlich satt zu sein und sich demzufolge daran zu erinnern scheint, daß es GANZ ALLEINE auf der Weide ist - mein süßes Pferd stand jedenfalls am anderen Ende der Weide und stierte etwas trübsinnig und sehnsüchtig in Richtung der erwähnten anderen Pferde auf der anderen Seite der Straße (und dort noch weiter weg, durch eine weitere Weide getrennt, bestimmt 100-200m). Ich überlegte kurz, ob ich sie rufen sollte, aber da ich keine Lekkerlis dabei hatte und sie nicht enttäuschen wollte, sah ich davon ab. Inzwischen kam Werner mit den Frühstücksbrötchen, wir gaben uns der Morgentoilette und dem Frühstück hin, und dann schaute ich nach meinem Pferd - NIX! Ich gehe, schon leicht beunruhigt, die Weide entlang, um zu sehen, ob sie nicht irgendwo im tiefen Gras liegt - NIX! Ich komme ans andere Ende der Weide und kann feststellen, daß es dort (wo sie vorher so sehnsüchtig schaute) NOCH ein Tor gibt, und dieses Tor war ordnungsgemäß aufgehebelt und das Pferd (die miese kleine Ratte) war WEG! Jetzt war die Panik vollendet, ich zurückgerast "Mein Pferd ist weg"! Werner meint, ich solle ihn nicht am frühen Morgen verarschen, aber dann nahmen sie mich doch ernst und wir schwärmten aus. Schon nach wenigen Minuten rief mich ein Mitreiter "Du kennst Dein Pferd besser, ist es das da unten?" Na klar war sie das, eben auf der anderen Seite der Straße - die Straße entlang gewandert bis sie an eine offene Stelle der dazwischen liegenden Weide kam, und dann eben auf diese, bis hin zu den anderen Pferden, die dann nur noch durch einen Zaun getrennt waren, und dort fraß sie, seelenruhig im kniehohen Gras. Und als ich mit dem Halfter kam, dreht sie mir beleidigt den Rücken zu und marschierte demonstrativ davon - "jetzt habe ich endlich das doofe Tor aufgekriegt und mir Gesellschaft gesucht, und da willst Du mir mein Erfolgserlebnis vermiesen! Bäähhh!"

Kleine Sünden bestraft der Herrgott sofort - bis zum Vorbereiten des Ausrittes mußte sie halt dann doch wieder in die Box, einen weiteren Ausbruchsversuch wollte ich denn doch nicht riskieren. Aber allzulange war es ja nicht, bis putzen und satteln anstanden und dann ging es wieder los. Und ich habe ja ein lernfähiges Pferd - bei einem ansteigenden Weg, wo Werner meinte, daß wir da jetzt zum Aufwärmen rauftraben - meinte sie "gestern sollte ich galoppieren, also gut, galoppier ich eben", und das tat sie denn auch, bei jeder sich bietenden Steigung. Bei einer Pause, bei der die anderen Kaffee trinken wollten, verzichtete ich darauf, um meinem Pferd Gelegenheit zum grasen zu geben. Dazu mußte ich aber vom Hof der Gaststätte runter und hinters Haus, wo etwas Gras wuchs, und da zeigte sich, daß es Dinge gibt, die tatsächlich wichtiger als fressen sind - von den anderen weg? Dann bin ich wieder allein! Näää, ne Maul voll, ok, aber dann gehen wir schnell zu den anderen zurück, damit die mich nicht vergessen! Also gab's kein Gras (oder eben nur ganz wenig) für die Kleine und keinen Kaffee für mich (aber wenigstens konnte man mal aufs Clo und mußte nicht in die Büsche). Das aufregendste an dem Ritt war dann ein Steilabstieg über einen Geröllhang, bei dem ich mich - Blamage hin oder her - verweigert habe, abgesessen bin und mein Pferd runtergeführt habe. Und ich würds wieder so machen, auch wenn die anderen, Anfänger eingeschlossen, alle heil unten gelandet sind.

Der Rest ist recht schnell erzählt - nach der Heimkunft gab es , wie sich das gehört, eine Portion Kraftfutter, inzwischen hab ich meine Sachen im Auto verstaut, und dann rächte sich die Sache mit den Cobs. Als die Maus in den Hänger sollte, stellte sie sich ziemlich stur, und auch der Futtereimer konnte nicht locken - da war gestern auch nichts Gescheites drin! Dann war sie doch drin, dreht sich aber blitzschnell um und wollte wieder raus, zum Glück hatte aber einer geistesgegenwärtig die Klappe zugemacht - sie stand halt nur verkehrtrum. Und WIEDER umdrehen ist natürlich VIEL schwieriger, ging aber dann doch, als sie sich das Türchen vergegenwärtigte, daß für den Menschenknecht gedacht ist - auch nicht einfach, sie daran zu hindern, dort wieder auszusteigen.

Die Fahrt verlief ohne Hindernisse und Staus, Marie wartete schon auf uns, und im Hänger stand ein unglückliches, zitterndes Pferd, das nur nach SEHR gutem Zureden langsam rückwärts runter vom Hänger stieg. Ich hätte sie ja wieder umdrehen können, aber was mach ich, wenn ein künftiger Hänger mal dazu nicht breit genug ist? Doch dann war da die vertraute Umgebung, die vertrauten Kumpels waren alle da, es gab eine Ladung Beifutter von der wohlschmeckenden Sorte und die Welt war wieder in Ordnung. Sie hat sich nur ganz schnell vom Acker gemacht, als ich sie auf die Weide entließ, ehe ich am Ende nochmal auf dumme Gedanken komme.