Weltrettung by horse

Was alles passiert, wenn man unverhofft zu einem Pferd kommt...

14 Juli 2005

Philosophische Betrachtungen beim Abäppeln


als ich heute so meine Bahnen über die Paddocks zog, ließ mich der Gedanke nicht mehr los, daß das ja gar keine so stupide Arbeit ist, sondern förmlich zu philosophischen Betrachtungen auffordert.
Zum Beispiel uns' Annette, die eifrigste Äpplerin in unseren Reihen. Haben wir sie nicht anfangs milde belächelt? Zu Unrecht! Sie konnte nur - um mit Mozarts Zauberflöte zu sprechen - der Götter Freuden früher fühlen als wir.
Ihr ist auch schon die Fähigkeit gegeben, die Marschrichtung des äppelnden Pferdes zu bestimmen - daran arbeite ich noch. Oder liegt das an den Pferden? Sind Rösser in Berlin mehr in Bewegung als in Fritzdorf? Dort liegen entweder zusammengeballte Haufen, die auf wenig bis gar keine (Vorwärts-)Bewegung schließen lassen, oder weit verstreute Einzeläpfel ohne erkennbare Zielrichtung, eher kommt man da auf ein gewisses zerstörerisches Potential. Fragen über Fragen. Ich bin gespannt auf Barbaras Erkenntnisse (sind von einem deutschen Pferd in Frankreich abgeworfene Äpfel eigentlich deutsche oder französische?)
Erstaunlich die Lage der Äpfel an sich! Warum sind sie nur vermehrt in der Nähe des Zugangs zur Nachtweide zu finden? Warum ändert sich die Lage, wenn sich der Zugang ändert? Woher wissen die Äpfel das?
Was Annette noch nicht erwähnt hat (will sie es als Geheimnis wahren?), was mir aber aufgrund ihrer Vorbildung durchaus beachtenswert erscheint, ist die Frage der Alterstruktur der Äpfel. Es ist doch erstaunlich, welch rasantem Alterungsprozeß diese Absonderungen unterworfen sind. Da findet man auf dem Paddock Gebilde, die scheinen schon Tage auf dem Buckel zu haben - obwohl man doch am Vortag penibel gesäubert hat. Andere dagegen bezaubern durch eine erstaunliche Frische...
Warum sind einzelne Haufen von Myriaden kleinster Mücken bevölkert, andere aber fristen ein Dasein in Einsamkeit?
Was will es uns sagen, wenn man auf den Paddock kommt und einem sofort ins Auge springt, daß die Apfelhaufen in Keilform angeordnet sind (in Richtung Nachtweide) - man wird sofort an ziehende Wildgänse erinnert! Haben die Pferde Nils Holgerson gelesen? Kennen sie Konrad Lorenz?
Und dann das Eigenleben der Äpfel! Da gibt es die stoischen, die sich widerstandslos aufgabeln und in die Schubkarre verfrachten lassen, andere wieder kämpfen um ihr Dasein auf dem Paddock, machen Fluchtversuche, sei es im letzten Moment durch einen Sprung von der Karre wieder zur Erde, bevorzugt auf der anderen Seite (die pfiffigen unter ihnen lassen sich dann unter die Karte rollen), oder aber die ganz kecken, die schon vor der Gabel flüchten und sich womöglich über den ganzen Paddock treiben lassen. Aber ein bißchen doof sind sie doch, ich habe nämlich den Trick durchschaut. Man darf sich keinesfalls auf eine Verfolgung einlassen, das ermüdet nur, nein, man muß so tun, als beachte man sie nicht mehr, sie somit in Sicherheit wiegen, wenn man sie dann später nochmal angreift, hat man zumeist den Überraschungseffekt auf seiner Seite und gewonnenes Spiel, Widerstand ist dann kaum mehr zu erwarten. Schwierig wird es nur mit den ganz Schlauen, die sich ein Loch als Zufluchtsort aussuchen, da fährt die Gabel immer drüber weg...
Weitere Stunden bei dieser erbaulichen Tätigkeit werden mir bestimmt noch weitere Geistesblitze eingeben.